Prison Architect: Bau dir deinen eigenen Knast

Profilbild von Florian Schmidt
Vom 6. Oktober 2015 Testmuster kostenlos erhalten

Die Aufbausimulation Prison Architect hat während ihrer Early-Access Zeit bereits große Wellen geschlagen. Wie sich das fertige Spiel im Test schlägt und was es zum Release Neues gibt, erfährst du hier.

Dieser Artikel wurde zuletzt vor über einem Jahr aktualisiert. Die Inhalte könnten inzwischen nicht mehr aktuell sein.

Sieht aus wie ein bewegtes Wimmelbild mit Fisher Price-Figürchen, bemerkte ein Freund, als er mir beim Spielen von Prison Architect über die Schulter schaute und es ist schon richtig, einen Schönheitspreis wird die Grafik auf diesem Planeten wohl nicht mehr gewinnen. Mich jedoch haben Wimmelbilder stets fasziniert und so ist es nur konsequent, dass ich den Kickstarter und Early Access Erfolg von Introversion Software rechtzeitig zur Veröffentlichung unter die Lupe nehmen darf.

Prison Architect ist eine Aufbausimulation in der Tradition von Theme Hospital oder Theme Park, meinetwegen auch Dwarf Fortress, in der man sich als Gefängnisdirektor und Architekt in Personalunion um die Geschicke eines Gefängnisses kümmert.

Hierzu baut man Gebäude und regelt das Management um die Bedürfnisse der Häftlinge und Mitarbeiter zu befriedigen und im Idealfall das eigene Bankkonto wachsen zu lassen.

Das Spiel bietet in der finalen Version drei Modi – Sandbox als eigentliches Herzstück, eine Kampagne mit eigener Storyline sowie der zum Release hinzugefügte Escape-Modus.

Während seiner vierjährigen Entwicklungszeit hat das Spiel bereits Einnahmen über 19 Millionen US-Dollar erzielt. Gar nicht mal so schlecht für eine kleine englische Softwareschmiede.

Sandbox

Bei der Kartenerstellung stehen drei Größen zur Verfügung. Wahlweise kann man Wälder, Seen und Gebäude zufällig generieren lassen. Entscheidet man sich für die Option Nebel des Krieges, werden nur die Bereiche der Map aufgedeckt, die ein Mitarbeiter oder eine Überwachungskamera gerade sehen können. Für zusätzliches Salz in der Gefängnis-Suppe sorgen weitere Möglichkeiten wie Bandenzugehörigkeit von Inhaftierten, Niederlage-Bedingungen, die das Spiel beenden, wenn sich negative Ereignisse häufen oder Zufallsereignisse, beispielsweise Aufstände oder Brände.

Des weiteren gibt es einen Modus mit unbegrenztem Kapital, der zwar die Nerven schont, aber auch arm an Herausforderungen ist.

Außerdem entscheidet man sich noch für einen von sechs Direktoren, welche unterschiedliche Attribute und Looks vorweisen und die Spielweise leicht verändern.

Bevor im 24 Stunden Rhythmus die ersten Häftlinge in der Vollzugsanstalt eintreffen sollte man damit beginnen, Gebäude fertig zu stellen. Jeder Raum muss bestimmte Voraussetzungen bezüglich Größe und Mobiliar erfüllen um seinem Zweck gerecht werden zu können. Besondere Mitarbeiter wie der Direktor oder der Vorarbeiter benötigen ein Büro um zu funktionieren, während Gärtner und Hausmeister es sich im Gemeinschaftsraum gemütlich machen.

Als sehr nützlich stellte sich hierbei das Planungstool heraus, mit dem Grundrisse vorab in die Map eingezeichnet werden können. Wie in anderen Spielen dieser Art werden zur Verfügung stehende Arbeiter eigenständig ihr Tag- und Nachtwerk verrichten, ebenso wie im Idealfall auch alle anderen Angestellten und Häftlinge ihre Aufgaben automatisiert erledigen. In Notfällen kann man aber auch eigene Wachen manuell zu ihrem Einsatzort versenden oder gar Feuerwehr oder Riot-Teams per Notruf anfordern.

Als Managementtool steht den Spielern eine Kladde zur Verfügung, über die sich so gut wie alle Abläufe im Gefängnisalltag regeln lassen.

Besonderes Augenmerk sollte man hierbei den unzähligen Bedürfnissen der Insassen widmen, denn zufriedene Knastis bereiten weniger Ärger und sind produktiver. Die Liste der Wünsche ist übrigens relativ lang und reicht vom Drang der Blasenentleerung über Hygiene bis hin zur Verfügbarkeit von Drogen, Alkohol und Spiritualität. Gelungen: Man kann die Biographie jedes Strafgefangenen mitsamt Vergehen und Vorstrafen einsehen. Für Individualität ist hier also bestens gesorgt worden.

Abgesehen von den monatlichen Zuwendungen für Häftlinge finanziert man seine Haftanstalt über Zuschüsse. So spülen beispielsweise Ernährungsstudien oder die Einführung von Bildungsprogrammen einen ordentlichen Batzen Geld in die Kasse, sobald man die Zielsetzung erfüllt hat.

Auch an Sammelwütige haben die Entwickler gedacht. So tauchen in der Spielwelt immer mal wieder kleine Polaroids und Seiten einer Entwickler-Bibel auf, welche man einsammeln und seiner Sammlung hinzufügen kann.

Das Spiel hat Steam-Workshop-Support, wo man bereits jetzt Zugriff auf viele nützliche Hilfs- und Grafikmods hat, wie etwa ein witziges South Park oder Fallout Overhaul.

Kampagne

Der bisher 5 Kapitel umfassende Kampagnenmodus wartet mit einer nett gemachten Storyline rund um die Mafiafamilie Palermo auf. Durch das Erreichen von Bauzielen schaltet man Cutscenes frei, die mit schön gezeichneten Polaroids aufgehübscht sind und die Geschichte weiter voran treiben. Gleichzeitig dient sie als ausgiebiges Tutorial in welchem man Schritt für Schritt in die Spielmechaniken eingeführt wird. Ich habe die Kampagne leider noch nicht beendet, jedoch offenbart sich bereits jetzt ein großes Potential, auch im Hinblick auf Erweiterungen und Mods.

Escape-Modus

In diesem Modus betritt man schließlich selbst als Gefangener einen Knast, den man entweder zuvor selbst gebaut oder aus dem Steam-Workshop runtergeladen hat. Im Stile eines etwas albernen Mini-RPGs gilt es von nun an, den Alltag so gut wie möglich zu meistern um letztendlich fliehen zu können. Ist tatsächlich ganz interessant, plötzlich den Regeln unterworfen zu sein, die man als Direktor zuvor gemacht hat!

Durch Schlägereien und Sachbeschädigungen verdient man in der Folge Ruf-Punkte, die man in Attribute und den Aufbau einer Gang investiert – sehr zum Leidwesen des Wachpersonals, welches wiederum mit Schlägen und Sanktionen nicht gerade zimperlich umgeht.

Beendet habe ich den Fluchtmodus nicht, denn es war mir etwas zu nervig, nach jeder kleinen Rüpelei eine Sanktion zu kassieren und Stunden in meiner Zelle verbringen zu müssen. Die Intention des Ganzen sowie die Möglichkeit, den eigenen Knast als Gefangener zu besuchen halte ich aber für sehr gelungen.

Meinung

Am meisten beschäftigt habe ich mich während der Testphase mit dem Sandbox-Modus, welchen ich uneingeschränkt empfehle.

Lediglich die Tatsache, dass man nicht zweistöckig bauen kann sowie 1,2 Hakeleien in der Benutzerführung störten mich ein wenig. Bin mir aber sicher, das entweder die Entwickler oder die Modder an diesen Stellen noch nachlegen werden.

Meine Netzleben-Testanstalt ging übrigens am 16ten Tag vor die Hunde, als sich im bis dahin so friedlich anmutenden Knast die Dinge überschlugen.

Zunächst entschied sich der Gefangene Meyers vor den Augen seiner Frau und Kinder zu einem verwegenen Ausbruchsversuch und stürmte aus dem Besucherraum in Richtung Haupteingang, wo er von einer bewaffneten Wache zur Strecke gebracht wurde. Gebannt und ein wenig traumatisiert von diesem Schauspiel übersahen sowohl ich als auch meine Vollzugsbeamten eine fast zeitgleich stattfindende Messerstecherei, welche einen Toten, mehrere Verletzte und noch mehr Blut in der Dusche zur Folge hatte.

Bei dem Versuch, dieses Schlammassel schnellstmöglich zu bereinigen – zusätzliche Wachen, Ärzte, Putzkräfte anheuern, flugs eine Leichenhalle bauen, überall Metalldetektoren vor den Duschen aufstellen – schoss mein Kontostand zum ersten Mal in die roten Zahlen.

Etwa drei Stunden später entschloss sich der Stromgenerator dazu, durch einen Kurzschluss ein Feuer zu verursachen. Da mir die Geldmittel für einen Feuerwehreinsatz fehlten, schickte ich die Angestellten nach Hause, öffnete alle Türen, riss die Zäune ab, schaute den Flammen noch ein wenig zu und startete danach ein neues Spiel auf einer größeren Map.

Fazit

Prison Architect revolutioniert weder das Genre noch erreicht es eine Tiefe wie Dwarf Fortress. Dennoch kann ich es guten Gewissens allen Fans von Aufbausimulatoren ans Herz legen. Erhältlich ist das Game via Steam oder DRM-frei bei den Entwicklern selbst sowie einer handvoll anderen Anbietern.

  • # Spiel
  • # Indie

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